Donnerstag, 14.1.2016, 20:15 Uhr

Angela Keppler (Mannheim)
Agnès Vardas L’UNE CHANTE, L’AUTRE PAS: Eine Art feministisches Musical?

KURZFRISTIGE ÄNDERUNG!
Angela Keppler kann die Lecture krankheitsbedingt leider nicht halten.
Prof. Matin Seel (Goethe-Universität Frankfurt) wird spontan einspringen und eine Einführung in den Film halten.

Agnès Vardas Spielfilm L'UNE CHANTE, L'AUTRE PAS (Die eine singt, die andere nicht) aus dem Jahr 1977 erzählt von der Selbstbehauptung zweier junger Frauen in der Zeitspanne von 1962 bis 1976. Entlang des sich mehrfach überkreuzenden Lebenswegs seiner beiden Hauptfiguren lässt der Film den feministischen Aufbruch und die politischen Kämpfe in dieser Zeit buchstäblich Revue passieren: in Form eines ebenso schrägen wie ernst gemeinten Musicals, das sich an keine der etablierten Formen dieser Gattung hält. Hier geht es weder darum, am Ende den richtigen Mann zu finden noch wird eine filmische Gegenwelt entworfen, in der sich die Ordnung der Dinge den Kopf gestellt findet. Vardas Film nimmt die Geschlechterverhältnisse, wie sie sind, und führt mit nonchalanter Geste vor, dass es auch anders sein kann. Seine Ästhetik des Widerstands singt ein dissonantes Lied von der alltäglichen Widersetzung gegen männliche Dominanz.

Über die Referentin

Angela Keppler ist Professorin für Medienwissenschaft an der Universität Mannheim.

 

Film:

L’UNE CHANTE, L’AUTRE PAS, F 1977, 120 Min.

Frankreich/Belgien/Venezuela 1977. R: Agnès Varda
D: Thérèse Liotard, Valérie Mairesse, Robert Dadiès. 120 Min. DCP. OmeU

Die beiden jungen Frauen Pauline und Suzanne könnten unterschiedlicher kaum sein: Die eine ist 17 und träumt davon, Sängerin zu werden, auch um ihrem spießigen Elternhaus zu entfliehen. Die andere ist Mutter zweier Kinder und gerade mal 22 Jahre alt, als sich ihr Mann erhängt. Verzweifelt versucht sie nun, die Kinder alleine durchzubringen, und flüchtet aufs Land zu ihren Eltern. Zehn Jahre später treffen Pauline und Suzanne bei einer Demonstration zufällig wieder aufeinander. Nach Enttäuschungen mit Eltern und Männern versuchen beide, ihren persönlichen Lebensweg zu finden. Simone de Beauvoirs Satz, „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“, wird am Ende des Vorspanns zitiert und verweist so auf den Grundton von Vardas feministisch geprägtem Werk.

Goethe-Universität Deutsches Filmmuseum Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität Frankfurt am Main